Entwicklung eines Bildverarbeitungssystems zur Online-Erkennung
von Fremdkörpern und Abszessen in Sauenfleisch mittels Ultraschall

Claudia Goebbels(1) und Can Secgin(2)
(1)Institut für Technologie, Bundesanstalt für Fleischforschung, E.-C.-Baumann-Straße 20, 95326 Kulmbach
(2)Labor für Maschinen- und Werkzeugüberwachung, Fachhochschule Coburg, Friedrich-Streib-Straße 2, 96450 Coburg

 Zusammenfassung

Im Rahmen einer Studie soll ein (möglichst praxisfähiges) Verfahren zur automatischen Erkennung von Fremdkörpern (Injektionskanülen und Knochenfragmente) und Abszessen (Æ 0,5 - 5,0 cm) in Schlacht-körperhälften im Online-Verfahren entwickelt werden. Die Ergebnisse zeigten, daß Fremdkörper und Abszesse sich durch ihre charakteristisch pathologischen Strukturen auf dem Ultraschallbild deutlich von der Umgebung abgrenzen. In Laborversuchen können diese Strukturen vom Bildverarbeitungs-system zur Zeit bis zu 100% erkannt werden. Die Ergebnisse der Echtzeitversuche stehen allerdings noch aus. Anwendungsmöglichkeiten dieses Systems könnten einerseits in der Ergänzung der amtlichen Fleischuntersuchung, andererseits in der betriebseigenen Qualitätssicherung liegen.

Einleitung

Nach Anl. 1,Kap. IV, Nr.7.3./Nr.9 FIHV ist ein Schlachtkörper beim Vorliegen von multiplen Geschwülsten, Abszessen oder anderen Entzündungsherden als untauglich zu beurteilen. Diese Veränderungen entstehen einerseits als Folge von gewebereizenden Injektionsmitteln, andererseits durch verunreinigte Injektionsnadeln oder Verletzungen. Bisher konnten zum Auffinden von Abszessen nur die konventionellen Methoden der Palpation und der Inzision angewandt werden, wobei allerdings die pathologischen Strukturen in der Tiefe der Muskulatur nicht erkannt werden können oder bei einem Anschnitt ein produkthygienisches Kontaminationspotential darstellen. Eine sinnvolle Alternative zu den herkömmlichen Methoden bietet die Ultraschalldiagnostik, da sich hier ohne Oberflächendestruktion Strukturen in der Tiefe darstellen lassen. Bedingung für den Einbau des Ultraschalls in die Produktionslinie eines Schlachthofs ist aus Zeitgründen die Automatisierung des Verfahrens. Aus diesem Grund wird zur Zeit in Zusammenarbeit mit der FH-Coburg ein Bildverarbeitungssystem zur Online-Erkennung von Abszessen und Fremdkörpern entwickelt und die daraus resultierende Software an unterschiedlichen Erscheinungsformen pathologischer Strukturen im Fleischmaterial im praktischen Einsatz in Schlacht- und Zerlegebetrieben geprüft.

Material, Methodik, Versuchsreihen

Im Rahmen dieser Studie wurden an der Bundesanstalt für Fleischforschung Sauen-Nacken mittels Ultraschall auf Fremdkörper und Abszesse untersucht. Alle Versuche erfolgten mit dem Ultraschallsystem SONOLINE Prima (Fa. SIEMENS) mit 5MHz Linearschallkopf.

Als Kontaktmittel diente destilliertes Wasser. Die Ultraschallbilder wurden direkt mit Hilfe einer Framegrabber-Karte digitalisiert und im Rechner gespeichert.

Es wurden mehrere Computerprogramme geschrieben, die die charakteristischen, pathologischen Strukturen eines Abszesses im Ultraschallbild erkennen sollen. In vorhergehenden Versuchen wurden ein Teil dieser Strukturen (Schallschatten, Fasern) bereits als Anhaltspunkt genommen mit dem Erfolg einer Detektionsquote von 70 %.

Um das System noch zu verbessern wird jetzt auf die Hauptmerkmale "eiförmig" und "kugelig" untersucht.

Eiförmige, kugelige, längsovale Strukturen
Grundgedanke:
Abszesse stellen sich auf dem Ultraschallbild fast ausschließlich als eiförmige, kugelige oder längsovale Struktur dar.

Versuch 1: Bildverarbeitung durch vertikal Erosion und Median Filter

Durchführung: Zuerst werden die fast ausschließlich vorherrschenden horizontalen Störungen (Rauschen) durch eine vertikale Erosion geschwächt, d.h. die in horizontaler Richtung verlaufenden hellen Bereiche werden verkleinert. Durch eine Medianfilterung des Resultats werden zusätzlich kleine Störungen eliminiert.

Im Anschluß daran wird ein Schwellwert berechnet, den man für die Objektsegmentierung benötigt. Er wird folgendermaßen automatisch für jedes Bild ermittelt:

Die Abszesse reflektieren den Schall im Ultraschallbild immer mit der gleichen Intensität. Dieses Phänomen wird bei der Ermittlung des Schwellwertes zu Hilfe genommen, und zwar wird der maximale Grauwert im Bild ermittelt und dieser dann mit einem voreingestellten Faktor multipliziert, der in Vorversuchen bestimmt wurde.

Und alle zusammengehörenden Punkte, die über diesem berechneten Schwellwert liegen, werden als Objekt segmentiert.

Als Klassifizierungskriterium für diese Objekte werden drei Merkmale zu Hilfe genommen: die Kreisähnlichkeit, die Größe des Gebietes und der mittlere Grauwert des Bereiches.


versuch1_orig.jpg (15932 Byte)versuch1_verarb.jpg (11676 Byte)versuch1_klas.jpg (14942 Byte)  Abbildung 1: Ermitteln von abszessähnlichen Strukturen

Ergebnis: Die kugeligen Abszesse können mit diesem Verfahren bis zu 92 % erkannt werden. Wenn man den Schwellwert manuell optimiert, erreicht man eine Detektionsquote von 100%.

Versuch 2: Eliminierung von kleinen Gebieten


Durchführung
: Das Ziel dieses Algorithmus ist es kleine und dunkle Gebiete zu eliminieren.

Zuerst wird das Bild mit Gauß- und Medianfilter vorverarbeitet. Der Schwellwert auf 45 gesetzt. Es wird danach eine Segmentierung durchgeführt. Alle Gebiete, die zwischen den Grauwerten 0 und 45 ermittelt werden, werden eliminiert, d.h. schwarz gesetzt. Dadurch soll erreicht werden, dass der Abszess anschließend besser segmentiert und klassifiziert werden kann. Danach wird der Open-Filter angewendet um die sich berührenden einzelnen Objekte voneinander zu trennen.

Als nächstes wird wieder ein Schwellwert berechnet, um nun die Abszess-Segmentierung durchzuführen. Der Schwellwert wird wie in Versuch 1 ermittelt. Es werden auch in Versuch 1 verwendeten Merkmale zur Klassifizierung genommen.

versuch2_orig.jpg (13904 Byte)versuch2_verarb.jpg (9543 Byte)versuch2_klas.jpg (14726 Byte)
Abbildung 2: Ermitteln von abszessähnlichen Strukturen durch Eliminierung von Objekten

Ergebnis: Die kreisähnlichen Abszesse können mit diesem Verfahren bis zu 85 % erkannt werden. Wie in Versuch 1 kann auch hier die Erfolgsquote manuell erhöht werden.

diagramm0.jpg (11261 Byte)

Schlußfolgerungen

Insgesamt können die Abszesse mit dem Bildverarbeitungssystem in Laborversuchen z.Z. bis zu 100% erkannt werden. Die manuelle Optimierung erfordert allerdings einen großen zeitlichen Aufwand und läßt sich dadurch in Echtzeitversuchen nicht realisieren.

Ziel der weiteren Versuche ist es die reine automatische Bildauswertung zum gleichen Erlolg zu bringen.

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